Leo

Leo: Im Alltag angekommen

Es ist schon erstaunlich, wie die Zeit fliegt, eben habe ich noch den einen Bericht beendet und nun schreibe ich schon den nächsten und habe wieder zwei Monate voller spannender Erfahrungen und Erlebnissen, die ich gar nicht alle beschreiben kann, hinter mir. Daher, liebe Freunde, Familie und Unterstützer, möchte ich es nun mit einem Eindruck meines Lebens und meiner Gedanken versuchen und noch einmal die Welt Boliviens beschreiben. Nun bin ich in meinem Alltag angekommen, der mir echt Spaß macht. Auch sprachlich bin ich nun auf einem Level, auf dem ich ich sein kann und dadurch richtig viele Leute kennenlerne. Zudem habe auch angefangen mit Kechua, beziehungsweise bringt Tata es mir nun bei. Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht, es soll schwerer als Mandarin sein…
Jetzt aber los!

Muyu
„MUYUUUUUU!!“ die Worte von Lehrer Jorge hallen noch im Patio, dem Innenhof des
Kulturzentrums wieder, als die Kinder bereits angelaufen kommen und sich im Kreis, dem MUYU aufstellen. Jeder hat seinen Platz.
Ich auch.
Ich stehe bei den Juchuy Masis, den kleinen Masis, die alle zwischen 7 und 12 Jahre alt sind und auch oft tagsüber im Centro sind. Auf der anderen Seite stehen die größeren, die ´arapanzas, die zwischen 13 und 16 Jahre alt sind. In der Mitte des Muyu – des Kreises, den wir bilden damit die Energie besser zirkulieren kann, steht Jorge mit dem Bombo, der halb so groß ist wie er selbst und blickt ebenso wie wir alle nach oben, wo nun Tata, der Chef des Centro auftritt und herunterschaut. Es ist still, nur das Atmen der Kinder und das leise Ratschen beim Spannen des Bombo, der großen Trommel, ist zu hören. Jeden Tag von 7 bis 8 Uhr abends ist Probe: montags Theorie, dienstags und donnerstags Techniktraining und mittwochs und freitags alle Lieder. Jetzt in der Zeit vor Weihnachten wiederholen wir allerdings jeden Tag die Lieder, beziehungsweise für mich sind es jeden Tag neue. Hinzu kommt, dass wir nun auch Villancicos, Weihnachtsmelodien auf Harmonikas spielen, was ich vorher noch nie gemacht habe.
Ich blicke hoch.

Die ersten Wochen stand ich auch noch oben und habe nur zugehört und mir die Lieder eingeprägt. Nun nach bereits drei Monaten hier, ist es Gewohnheit geworden mit ihnen im MUYU zu stehen und zu spielen, was es allerdings nicht weniger besonders macht. Gemeinsam warten wir hier unten gespannt darauf, welches Lied wir spielen sollen. Wenn die Q´arapanzas spielen, bin ich jedes mal wie gefesselt von der Musik, dem Klang und der Energie, mit der jeder spielt, und jedes Mal denke ich mir, dass diese Stunde, die immer das Ende meines Tages im Centro bedeutet, viel zu schnell vorbei ist. Man hört sofort, warum die Q´arapanzas die besten sind, manchmal müssen wir ein Lied drei oder viermal wiederholen, bis Tata zufrieden ist. Auch eine Drehung, die wir an einer Stelle in einem Lied einmal nach rechts und einmal nach links machen sollen, haben wir kürzlich eine halbe Stunde lang geübt.

Das Ziel ist klar: nicht nur gut, sondern
die Besten zu sein. Und dafür wird hart gearbeitet. Im Centro bin ich immer ‚Profe Leo‘ und habe auch vor den Schülern Lehrerstatus, aber hier imMuyu bin ich einer von ihnen, hier

Tata hat einmal gesagt: „Im Muyu sind alle gleich, alle Masi, Menschen wie du und ich.“ „Niño Viejo“, höre ich Stimme von Tata. „Bumm-bumm“ macht Jorges Bombo, und wir setzen an…

Pollo con Fideo oder Carne y Arroz steht heute auf der Tafel vor dem Classicos, einem Restaurant zwei Straßen von der Plaza 25 de Mayo, dem Hauptplatz von Sucre, entfernt. „Cafe, Bar, Pub“ steht am Eingang , hier habe ich die ersten drei Wochen jeden Tag zu Mittag gegessen und gehe auch jetzt noch öfter hin. Wohlwissend über die Größe der Portionen, gehe ich an dem Hot-Dog Stand im Eingang vorbei und setzte mich mit Gabo, seiner Mutter und Marcello, dem Schlagzeuger von den Masis, an einen freien Tisch. Während der Kellner, der mich mittlerweile schon kennt, die Suppe bringt, blicke ich mich um. Ich kenne die meisten Leute hier mittlerweile. Auch sie sind regelmäßig oder fast immer hier. Zum Beispiel ein Mann, Mitte 50 mit Schnurrbart, und seine sehr schicke Frau und deren Sohn, der oft mit Gabo hinten in der dafür extra eingerichteten Spielecke spielt. Ganz hinten vor einem riesigen Rolling Stones Plakat sitzt die Großfamilie, die mich jedes Mal so freundlich grüßt und von der ich immer noch keine Ahnung habe, ob ich sie kenne sollte. Auf einer kleinen Empore sitzen drei ältere Herren an einem Tisch und unterhalten sich. Sie sind jedes Mal, wenn wir kommen, schon hier und auch noch, wenn wir gehen. Die Suppe heute ist eine Art Kartoffelsuppe, und ich nehme wie immer etwas von der scharfen roten Soße, der llajwa, die gefährlicher aussieht als sie ist, jedenfalls wenn man nur ganz homöopathisch davon nimmt. Die Wände sind voll mit Postern von Rockgruppen und berühmten Personen. Ich erkenne Joe Conner, Ossi Osborne, Janis Joblin und viele, die ich nicht zuordnen kann. Mittlerweile sind alle, bis auf Gabo, der noch aufgebracht von der neuen Lehrerin erzählt, mit der Suppe fertig und der Kellner bringt den Hauptgang. Für mich und Gabo heißt das: gebratenes Huhn mit Kartoffel und Nudeln, für Marcello und Gabi Fleisch und Mais, dass ein bisschen wie vom Dönerspieß aussieht, mit Reis und Salat. Gabi, die Tochter von Roberto Sahonero, nimmt erst mal drei Löffel der scharfen Soße und ich frage mich, wie sie das jedes Mal überlebt. Ich habe das auch einmal probiert, mit der Folge, dass ich danach dachte, ich könnte nie wieder schmecken. Es gibt hier jedes Mal ein anderes Refresco, ein Getränk. Meistens habe ich keine Ahnung woraus es besteht, aber es ist jedes Mal sehr lecker. Heute glaube ich Maracuja herauszuschmecken.

Wie immer is diskutieren Gabo und ich, wer geht und nochmal nachbestellt.

Ich gehe.
Und entsprechend gibt es nochmal vom anderen Gericht. Gesättigt mit einem Schokoeis zum Abschluss machen wir uns wieder auf den Weg. Gabo und Gabi nach Hause. Marcello zu seiner Arbeit und ich ins Centro. Morgen werde ich wieder bei Elsa essen, aber ich freue mich schon aufs nächste Mal.

Jacha Uru- Der große Tag
20 Uhr.
Es ist Freitag, der 26. Oktober, ich stehe hinter der Bühne im Teatro 3 de Febrero – einem kleinen Theater einen Block vom Hauptplatz entfernt. Der Vorhang ist noch geschlossen, die Q‘arapanzas warten hinten, hinter einem weiteren Vorhang. Heute haben wir einen besonderen Auftritt, wir werden zusammen mit den Musikern der sehr bekannten Gruppe Ruphay spielen, die in Europa verstreut wohnen, aber Bolivianische Musik machen. Wie lange wir schon darauf hingearbeitet haben! Angefangen hat alles vor über einem Monat, als ich mit Lehrer Jorge insgesamt 12 Bombos gebaut und erneuert habe. Über eine Woche lang jeden Tag Felle schneiden, nähen und spannen. Für mich hieß das auch den eigenen Bombo zu bauen, um diese später zusammen mit Siku spielen zu können. Danach haben wir die Palos, die Schläger für die Bombos, alle einzeln gebaut. Wir haben die Lieder geschrieben: Janiw Walikiti und Jach´a Uru(der große Tag). Wir haben alle Lieder immer und immer wieder geübt und jeden Tag ein bisschen mehr perfektioniert.
Wir haben Plakate erstellt und in der ganzen Stadt aufgehängt.
Wir haben Werbung im Fernsehen und im Radio gemacht.
Wir haben extra neue Zampoñas, eine halbe Note tiefer, für die Kinder angeschafft.
Wir haben das Theater vorbereitet und die Eintrittskarten gemacht und verkauft…

Und nun stehen wir hier und sind bereit.
Alles ist vorbereitet, alles ist fertig.

Wir auch.

Der Vorhang geht auf und es geht los, das ist der große Moment, auf den wir hingearbeitet haben, das ist der große Tag, unser großer Tag, el Gran Día, der Jach´a Uru.

Viaje I: El Alto/La Paz & Todos Santos – wenn die Seelen wiederkehren
Nun bin ich wieder angekommen, hier in Sucre, meinem kleinen Sucre, gerade noch rechtzeitig um beim Putzen im Centro zu helfen.

Ich war zweieinhalb Tage in La Paz, genauer gesagt in El Alto.

Ich musste mein Visum abholen, und so bin ich mit dem Nachtbus in der Nacht von Halloween nach El Alto gefahren. Ohne Plan wohin genau und ohne Adresse, war es dann doch ein bisschen komplizierter, den Ansprechpartner Marco, der das Visum hatte, dort ausfindig zu machen. Hat aber letzten Endes alles gut geklappt, und ich habe ihn nach ein bisschen Suchen schließlich auch gefunden und dabei ganz nebenbei noch fast ganz El Alto gesehen.

El Alto ist mittlerweile, so wurde mir erzählt, größer als La Paz und hat 4 Millionen Einwohner. Blickt man auf La Paz, sieht man Häuser soweit man blicken kann und dahinter geht es noch weiter, …und El Alto soll noch größer sein. Auf einmal kam mir Sucre total klein vor und im Gegensatz zu El Alto und La Paz mehr wie ein Ort, als eine Stadt und die Hauptstadt noch dazu. Zu Marco: er selber ist Aymara und auch Musiklehrer in einer Schule auf dem Campo, 30 Minuten außerhalb von El Alto. Ihn durfte ich einen Tag lang begleiten, in seiner Schule und seinem Unterricht. Es war ein sehr beeindruckender Tag, vor allem da dies eine alternative Schule ist und entsprechend ganz andere Werte im Vordergrund stehen. Die Kinder lernen dort mit der Natur zu leben und diese zu nutzen. Auch habe ich in El Alto mit der Familie von Marco Todos Santos feiern können.

Beim Fest Todos Santos (Allerheiligen) und Día de los Difuntos (Allerseelen) denkt man an die Verstorbenen und feiert mit Ihnen zusammen, denn dann kehren ihre Geister, ihre Seelen zurück. Entsprechend haben wir zusammen gegessen, den Cementerio, den Friedhof, besucht und gefeiert. Es ist ein Fest, bei dem man sich freut, dass es dem Verstorbenen gut geht und nicht an dem man traurig ist. Mit dem Unterschied, dass dieses Fest in El Alto draußen stattfindet, damit jeder mitfeiern kann, in Sucre dagegen findet es in den Häusern statt, allerdings mit offener Tür, denn auch hier kann jeder mitfeiern. Es wird ein Tisch aufgebaut mit einem Bild des/der Verstorbenen und es werden deren Lieblingsspeisen zubereitet und Lieblingsgetränke gereicht. Auf einem solchen Tisch befinden sich unzählige Gegenstände, die das Leben der Toten symbolisieren, Gegenstände wie Leitern, die den Weg für die Seelen erleichtern.

Dazu gibt es Gebäck, in Sucre isst man Mondongo und trinkt Chicha, ein süßes, aber ziemlich alkoholisches Getränk. Ich hatte die große Chance, hier in Sucre an einem Wettbewerb zu Todos Santos als Juror des Kulturausschusses fungieren zu dürfen und konnte dieses Fest so ziemlich gut kennen lernen.

In El Alto war es zwar komplett anders, aber auch schön. Wir haben gesungen, Musik gemacht und mit den Geistern getanzt. Noch in derselben Nacht musste ich leider wieder aufbrechen nach Sucre. Und nach einer Nacht mit wenig Schlaf im Bus kam ich morgens wieder an, hier in Sucre, in meinem kleinen Sucre.

Día de Músicos – Das Lied vom Schnee
Ich muss wirklich sagen, dass mir die Arbeit mit den Masis und im Centro echt Spaß macht. Selbst der Alltag hier ist kein Alltag und immer wieder für Überraschungen bereit. Auch das Begleiten und Mitorganisieren von sämtlichen Veranstaltungen gehört zu meinen Aufgaben. So begleite ich die Masis jedes Mal auf Konzerte und helfe bei Auf- und Abbau und bin während des Konzertes für Fotos und eben alles, was anfällt, zuständig. Dadurch kommt man an Orte, an die man sonst nicht kommt und lernt viele Menschen kennen. Aber nun nach drei Monaten sitze ich zum ersten Mal ganz normal im Publikum. Es ist kein Konzert der Masis, es ist ein Charango-Konzert, zu dem mich anlässlich des Tages der Musiker der Schlagzeuger der Masis, Marcello Murillo eingeladen hat. Und nun, wo ich hier sitze und auf den noch geschlossenen Vorhang vor mir blicke, fällt mir auf, dass ich zum ersten mal wirklich nichts zu tun habe und einfach Gast bin. Ich muss nichts machen und habe nun fast zwei Stunden, in denen ich einfach abschalten kann. Ein merkwürdiges Gefühl, in dem Theater schon überall gewesen zu sein, sogar auf der Bühne bei einem Konzert, aber niemals in den Zuschauerreihen.

Der Regen prasselt auf das hölzerne Dach, wodurch eine gemütliche und besinnliche Stimmung entsteht. Hier drinnen, wo es warm ist jedenfalls. Es regnet stark, ich kann das Wasser auf der Straße prasseln und platschen hören. Hier sagt man, wenn es bei einem Konzert am Tag der Musiker regnet, dann kann das nur daran liegen, dass sie die Ch´alla (ein Ritual um die Mutter Erde um Unterstützung zu bitten) nicht richtig gemacht haben.

Ich blicke ins Programm, das erste Stück heißt das Lied vom Schnee – eine Komposition aus dem Winter Kanadas. Der Vorhang geht auf und das Konzert beginnt. Drei Charangistas und Marcello entführen das Publikum und mich in andere Welten. In andere Zeiten und an andere Orte. Weg von dem Regen, der die Straße in einen Bach verwandelt, weg von dem Verkehr und weg aus Sucre.

Viaje II – COCHABAMBA
Es war kurz vor sieben Uhr, morgens direkt nach der Messe am Sonntag, die für mich mittlerweile auch schon selbstverständlich geworden ist, als wir, Roberto Sahonero und ich, aufbrachen, um acht Stunden zu fahren – nach Cochabamba. Die Fahrt verlief mehr als ruhig, wir hörten die Musik aus den ersten Jahren nach der Gründung von Los Masis und sangen dazu laut mit. Tata wusste zu jedem Lied noch genau die Entstehung
und eine Geschichte zu erzählen. So fuhren wir über Straßen, die sich manchmal eine halbe Stunde nicht wesentlich veränderten. Man konnte links rausgucken und sah das Gleiche wie vor 10 Minuten. Man konnte rechts rausgucken und dachte, man hätte sich keinen Meter bewegt. Es gab Straßen, auf denen man Stunden fahren konnte, ohne dass eine Abzweigung kam. Dann wieder veränderte sich alles so schnell, dass man gar nicht alles wahrnehmen konnte.

Wir passierten kleine Dörfer und in einem davon, in Ayquile, auf halber Strecke, aßen wir dann zu Mittag: Chicharron vom Huhn, nicht so lecker wie das von Tata, aber auch sehr köstlich, dazu beobachteten wir das Treiben auf dem Markt, und Tata erklärte mir die Trachten, die sich von denen in Sucre klar unterscheiden.

Das Erstaunlichste allerdings war die Veränderung der Vegetation, wo wir am Anfang Berge und Hänge befuhren, danach Täler und Schluchten passierten, kamen wir dann in einen Wald und fuhren über Auen und Plantagen. Und schließlich, gegen 15 Uhr erreichten wir in Cochabamba und vor mir erstreckte sich die ganze Stadt in ihrer vollen Größe, und wieder wurde mir klar, wie überschaubar Sucre doch ist. Am Abend aßen wir noch etwas und gingen dann früh und erschöpft zu Bett.

Am nächsten Tag besuchte ich ein Projekt ein bisschen außerhalb von Cochabamba, bei dem Jugendliche in meinem Alter leben, die alle Probleme in Schule oder zuhause haben und dort Unterstützung und Hilfe bekommen. Am Abend dann berichteten wir uns, was wir am Tag so erlebt hatten. Ich muss gestehen, dass ich mir selbst einen ganz guten Orientierungssinn zuschreiben würde, aber hier habe ich mich tatsächlich komplett verlaufen. Auch eine Erfahrung der besonderen Art. Auch eine Erfahrung der besonderen Art in CBBA waren die spontanen Wolkenbrüche, die dafür sorgten, dass die eben noch fast unerträglich heißen Straßen auf einmal einem Fluss glichen, beziehungsweise ein Fluss waren. Die Rückfahrt verlief dann ruhig, aber auch hier kamen wir in ein Hagel-Regen-Gewitter, wodurch die Hänge und Berge sich in Wasserfälle verwandelten und auch hier die Straße nur als trüb-brauner Fluss zu erkennen war. Irgendwann aber lichtete sich der Himmel und das Unwetter war genauso schnell vorbei, wie es begonnen hatte.

Und auf einmal nach drei, fast vier Monaten hier in Bolivien, sah ich sie zum ersten Mal: eine ganze Gruppe von Llamas, die sich wegen des Regens etwas im Hals standen und nass an einem Hang standen. Sie hatten wunderschöne Verzierungen an den Ohren in pink und gelb. Wir passierten wieder Wälder, Täler und Schluchten und fuhren singend auf nie endenden Straßen und kamen schließlich müde und glücklich in Sucre an. Nach drei Tagen Cochabamba war ich allerdings froh, wieder im kleinen ruhigen Sucre zu sein und mich wieder auf meine Dachterrasse setzen zu können und der Stadt beim Atmen zuzuhören. Nun ist es kurz nach 9 Uhr abends und ich gehe in meinem Kopf nochmal alles durch. Ich sitze auf meiner Dachterrasse und genieße die Stille und die kühle Luft. Eine angenehme Brise weht die Hitze des Tages fort. Ich höre einen Hund bellen und nur das ruhige, monotone Rauschen einer belebten aber nicht zu hektischen Stadt. Genau wie vor einer Woche am Freitag …

(eineWoche früher) Gedanken-Viernes
Hier oben ist es friedlich und ich vergesse fast das hektische und gedrängte Treiben in der Stadt, dabei ist es erst 20 Minuten her. Heute ist Freitag, Freitag der 23.November. In Sucre heißt das nicht nur Black Friday sondern vor allem Noche de Museos, die Nacht der Museen. Eine Nacht, in der Museen, Galerien und Läden ihre Türen öffnen und man mal hinter die Kulissen schauen kann. Diese Mischung lockt eine ebenso interessante wie hektische Mischung aus Shopping-Eifrigen und Museumsinteressierten Leuten in die Stadt. Entsprechend voll ist es. Ich habe das Gefühl, dass ganz´Sucre unterwegs ist, an einigen Museen sind die Schlangen so lang, das sie zwei Häuserblocks weit reichen. Große Schilder mit Sale und Rabat Beschriftungen zieren die Schaufenster der Läden.

Es ist eine Nacht, an der sich sonst auch das Centro CulturalMasis beteiligt und seine Türen öffnet. Nicht aber dieses Jahr.
Und so haben wir eigentlich nur ein normales Ensayo, eine Probe mit den Q´arapanzas gemacht, bei dem allerdings wesentlich mehr Leute zuschauten als sonst, da man vergessen hatte uns aus dem Programm zu streichen und uns als Musikspektakel angekündigt hatte, was auch wir an diesem Tag erst erfuhren. Ich wäre auch hingegangen, aber ich muss ehrlich sagen , ich verpasse die Nacht der Museen in Sucre, weil ich mit einem Tee und einer um die Beine gewickelten Decke auf der Dachterrasse sitze und der Stadt lausche und den Lichtern beim Blinken zuschaue.

Ich genieße die Stille und Ruhe hier von Sucre und kann sagen, ich bin jetzt voll und ganz angekommen. Hier geht es nun auf den Sommer zu. Es wird jeden Tag ein bisschen wärmer und zwischendurch regnet es. Während es in Deutschland nun nicht nur auf den Winter, sondern auch auf Weihnachten zugeht, wünsche ich allen eine besinnliche Adventszeit und schöne warme Abende vor dem Kamin.

Viele Grüße vom Centro Cultural Masis, den Schülern und natürlich auch von mir:
Leo in Bolivien

Ps: Anbei noch die Zahlen von 1-10 auf Kechua
1 uk / 2 iskay /3 kinsa / 4 tawa / 5 pichqa / 6 soqta / 7 qanchchis / 8 pusaq / 9 isqon / 10 chunka